Rüstungsstandort Bremen

„Wie ein weit verzweigtes Netz soll sich die antimilitaristische Propaganda über das ganze Volk breiten. Die proletarische Jugend muß von Klassenbewußtsein und von Haß gegen den Militarismus systematisch durchglüht werden. Der jugendliche Enthusiasmus wird die Herzen der jungen Proletarier einer solchen Agitation begeistert entgegenschlagen lassen.“ (Karl Liebknecht: Militarismus und Antimilitarismus, Gesammelte Reden und Schriften, Bd. 1, S. 456.)

Deutschlands rote Jugend ist antiimperialistisch und antimilitaristisch. Ein Teil der roten Jugend geht am diesjährigen 1. Mai unter der Parole „Kein Krieg zwischen den Völkern, kein Frieden zwischen den Klassen!“ auf die Straße. Wir auch. Für eine antimilitaristische Haltung finden wir es wichtig, auch das Bewusstsein zu fördern, was der deutsche Imperialismus lokal an Rüstungsindustrie betreibt. Dies ist einer breiteren Öffentlichkeit oft nicht bekannt. Gerade auch in Bremen gibt es einige Firmen, die an den Kriegen und Völkermorden in der Welt großes Geld verdienen. In diesem Sinne veröffentlichen wir einen kurzen Artikel zum Rüstungsstandort Bremen.

Deutschlands Zeitwende und die 100 Milliarden

Wenige Tage nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine im Jahr 2022, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner „Zeitenwende“-Rede ein sogenanntes „Sondervermögen“ für die Bundeswehr an, wobei die Formulierung Vermögen in die Irre leiten soll. Es handelt sich nicht um ein irgendwie geartetes Vermögen, sondern um Aufrüstungs-, bzw. Kriegskredite, mit denen der deutsche Imperialismus seine Remilitarisierung weiter vorantreiben und auf eine qualitativ neue Stufe heben will.

Auch in Bremen könnte Geld aus diesem 100-Milliarden-Paket ankommen, denn Bremen ist tatsächlich ein sehr wichtiger deutscher Standort für Rüstungsforschung und Rüstungsproduktion. Insgesamt gibt es im Land Bremen fünf größere Unternehmen, die als Rüstungskonzerne anzusehen sind. Daneben gibt es einige kleinere Firmen, die ebenfalls Militärtechnik produzieren.

Lürssen-Werft

Die Firma Lürssen ist eine Werft mit Hauptsitz in Vegesack. Der Militärschiffbau ist ein wesentliches Standbein des Unternehmens, war es auch schon immer, insbesondere auch während des Ersten und Zweiten Weltkrieges mit dem deutschen Imperialismus als Hauptauftragnehmer, aber auch für das Exportgeschäft. Heute baut Lürssen Kriegsschiffe aller Art bis zur Fregatten-Größe für die Deutsche Marine aber auch für reaktionäre Streitkräfte weltweit. So gehen viele Exporte von Lürssen nach Saudi-Arabien, in Saudi-Arabien waren eigens MitarbeiterInnen der Lürssen-Werft eingesetzt, die für die Ausbildung der Schiffsmannschaften und den Unterhalt von gelieferten Booten zuständig waren. Weiterhin ist die Lürssen-Werft an dem größten Auftrag beteiligt, die die Deutsche Marine je vergeben hat: 2021 wurden Schiffe im Wert von 6,8 Milliarden Euro bestellt.

Rheinmetall Defence

Rheinmetall Defence ist einer der größten deutschen Rüstungskonzerne. Zwar hat er seinen Hauptsitz in Düsseldorf, jedoch gibt es auch einen großen Standort in Bremen-Sebaldsbrück. In Bremen werden beispielsweise Schützenpanzer mit neuer Technik ausgestattet und Unterwasser-Drohnen getestet. Auch an dem System „Infanterist der Zukunft“ wird in Bremen bei Rheinmetall getestet und entwickelt. 2014 geriet Rheinmetall in die Schlagzeilen, weil Vorwürfe bezüglich Bestechungsgelder laut wurden, die an griechische PolitikerInnen und BeamtInnen gezahlt wurden, um Rüstungsdeals im Bereich U-Boot-Ausrüstungen zu erwirken. Rheinmetall musste damals ein Bußgeld in Höhe von 37 Millionen Euro zahlen, weitere Konsequenzen hatte der Fall nicht. Ähnliche Vorwürfe bezüglich Leopard-2-Deals wurden eingestellt, obwohl nachweislich auch dort Schmiergelder griechische FunktionsträgerInnen gezahlt wurden.

Airbus Defence and Space

Das Unternehmen Airbus produziert mit seinem Geschäftsbereich „Defence and Space“ in Bremen unter anderem den Rumpf des Militärtransporters A400M. Auch wenn der Schwerpunkt am Standort Bremen auf Raumfahrttechnologie liegt, welche allerdings auch militärisch genutzt werden kann und genutzt wird, ist Airbus Defence and Space unter anderem auch an der Produktion des Kampfflugzeugs Eurofighter Typhoon beteiligt. Weiterhin gibt es den relativ neuen Bereich Electronics, in dem Airbus Radargeräte unter anderem zur Artillerieortung produziert.

OHB

Das Unternehmen OHB ist Nahe der Universität gelegen, hat seinen Schwerpunkt im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik. Es werden dort auch Satellitenaufklärungssysteme der Bundeswehr, wie beispielsweise die sogenannte „SAR-Lupe“ produziert. Die Bundeswehr gehört zu den wichtigen Auftraggebern von OHB, hat in der Vergangenheit für Radar-Aufklärungssysteme Aufträge mit dem Volumen von über 800 Millionen Euro an OHB vergeben.

Atlas Elektronik

Atlas Elektronik ist eine hunderprozentige Tochtergesellschaft des Thyssenkrupp-Monopols und hat seinen Hauptsitz in Bremen, in unmittelbarer Nähe zu Rheinmetall in Sebaldsbrück. Atlas Elektronik produziert unter anderem Sonarsysteme für U-Boote, Minenjagt-Boote, sowie Torpedos. Seine Gründungsgeschichte geht auf die Kolonialgeschichte des deutschen Imperialismus zurück, Atlas wurde damals auf Initiative des Norddeutschen Lloyd gegründet, eine Bremer Reederei, die am deutschen Kolonialismus verdiente. Später verdiente das Unternehmen in den beiden Weltkriegen als großer Auftragnehmer für verschiedene Rüstungsgüter. In den letzten 10 Jahren geriet Atlas Elektronik immer wieder in die Schlagzeilen, weil im Raum stand, dass Bestechungsgelder in Millionenhöhe nach Griechenland und Peru gezahlt worden wären, um Rüstungsdeals abzuschließen, der Fall hing mit den Schmiergeldzahlungen von Rheinmetall zusammen. Atlas musste in dem Zuge 48 Millionen Euro an die Bundesrepublik zahlen, damit war der Fall erledigt.

Die sogenannte Zivilklausel der Universität Bremen

Seit dem Jahr 1986 hat die Universität Bremen sich eine Selbstverpflichtung in Form einer sogenannten Zivilklausel auferlegt. Diese Zivilklausel besagt, dass „… jede Beteiligung von Wissenschaft und Forschung mit militärischer Nutzung, bzw. Zielsetzung“ vom Akademischen Senat, dem höchsten Entscheidungsgremium der Universität, abgelehnt wird. Die Klausel fordert außerdem „die Mitglieder der Universität auf, Forschungsthemen und -mittel abzulehnen, die Rüstungszwecken dienen können.“ Auch andere deutsche Universitäten haben sich ähnliche Klauseln auferlegt.

Alle paar Jahre gibt es dann einen Skandal, bzw. einen Aufschrei von kritischen Stimmen, wenn wieder bemerkt wird, dass diese Zivilklausel in der Praxis an vielen Stellen von der Universität unterlaufen wird.

In diesem Zusammenhang ist vor allem die Kooperation der Universität mit dem Unternehmen OHB und dessen GründerInnen, dem Ehepaar Fuchs zu nennen. So hatte OHB beispielsweise in der Vergangenheit eine 10-jährige Stiftungsprofessur an der Uni finanziert. Weiterhin wurde sogar ein Forschungsprojekt von OHB umgesetzt, welches direkt vom Bundesministerium der Verteidigung finanziert wurde. Es ging darum, ein Daten-Übertragungssystem zu entwickeln. Hinzu kommen dutzende weitere Forschungsprojekte mit wehrtechnischen AuftraggeberInnen.

Technologie, zu der geforscht wird, hat oftmals einen sogenannten „Dual-Use“-Charakter hat. Das bedeutet, dass man sie sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke einsetzen kann. Dies ist dann häufig in der Diskussion um die Zivilklausel die Rechtfertigung, um Rüstungsforschung zu legitimieren. Man könne die spezifische Technologie auch für andere Zwecke benutzen. Die Argumentation hinkt und wird auch von den bürgerlichen Medien diskutiert, die dann die Vereinbarkeit derartiger Forschung mit der Zivilklausel als zumindest problematisch ansehen.

Die Zivilklausel ist also nichts als Blendwerk. Sie soll der Forschung und Entwicklung an der Universität Bremen einen fortschrittlichen Anstrich geben und darüber hinwegtäuschen, dass an einer Universität des deutschen Imperialismus natürlich auch Rüstungsforschung für den deutschen Imperialismus betrieben wird.

Nichtsdestotrotz gibt es immer mehr Stimmen des bürgerlichen Lagers, die die Streichung der Zivilklausel fordern, um eine weitere Normalisierung von Rüstungsforschung an der Universität Bremen durchzusetzen und KritikerInnen die unliebsame Argumentationsgrundlage der Zivilklausel zu nehmen. Es wird als nerviges Relikt aus Zeiten angesehen, in denen die Universität der damals linken Studentenschaft Zugeständnisse oder zumindest scheinbare Zugeständnisse machen musste.

Fazit

Spätestens seit dem Ukraine-Krieg ist der deutsche Militarismus wieder salonfähig. Deutschlands Führungsrolle in Europa soll jetzt auch wieder militärisch untermauert werden. Von den Konsequenzen deutscher Großmachtpolitik zeugen zwei Weltkriege. Es gilt für Deutschlands antimilitaristische und antiimperialistische rote Jugend die Normalisierung von Aufrüstung, Kriegstreiberei, Kriegswirtschaft und Säbelrasseln zu durchbrechen.

Kein Krieg zwischen den Völkern, kein Frieden zwischen den Klassen!

Der Hauptfeind steht im eigenen Land und heißt deutscher Imperialismus!