100 Jahre Tag der politischen Gefangenen

Warum gibt es Repression?

Wir leben heute in einer kapitalistischen Klassengesellschaft, in der die KapitalistInnenklasse herrscht. In erster Linie herrscht sie über die ArbeiterInnenklasse. Ökonomisch, weil sie über die Produktionsmittel verfügt und dadurch in der Lage ist, die ArbeiterInnenklasse auszubeuten. Das kann sie, weil sie auch die politische Macht hat, weil sie über einen eigenen Staat verfügt, der mit seinem Gewaltmonopol und seinem bürgerlichen Recht durchsetzt, dass das Privateigentum gilt. Dadurch wird garantiert, dass die einen viel haben und die anderen wenig. Die Armen sind deshalb in einer ganz erpressbaren Lage und die Reichen können diese Lage schamlos ausnutzen und die Armen für sich arbeiten lassen und sie ausbeuten. Wir sind genau diese armen Schweine, die eben nicht von diesem System profitieren. Wir haben objektiv ein Interesse an der Abschaffung des Privateigentums, an der Vergesellschaftung der Produktionsmittel und an dem Bruch der Herrschaft der KapitalistInnen.

Die Herrschaft der KapitalistInnen muss gebrochen werden, das heißt, ihr Herrschaftsinstrument muss zerschlagen werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist der Staat der hier herrschenden Klasse, sie ist der Staat der KapitalistInnenklasse. Dieser Staat ist ein Instrument zur Aufrechterhaltung, Verteidigung und Durchsetzung ihrer Klassenherrschaft über uns. Er dient dazu, die Ausbeutungsverhältnisse zu sichern, denen wir unterworfen sind und denen wir mit aller Entschlossenheit den Kampf angesagt haben. Dieser Staat muss in einer Revolution zerschlagen werden und an seine Stelle muss die neue Macht der ArbeiterInnenklasse, die Diktatur des Proletariats, gesetzt werden, um sozialistische Produktionsverhältnisse zu etablieren, die unserem Interesse dienen, dem Interesse der Mehrheit und nicht mehr dem Interesse einer schmarotzerhaften Minderheit.

Wir agitieren und organisieren aus diesem Grunde für eine grundsätzliche Gegnerschaft zu den hiesigen Verhältnissen. Wir sagen, um Ausbeutung und Unterdrückung abzuschaffen und alle Phänomene, die damit einhergehen, braucht es eine gewaltsame Revolution. Diese Gesellschaft ist nicht fundamental im Sinne der Unterdrückten reformierbar. Wir erkennen die Notwendigkeit an, dass es dafür eine feste und kampfstarke Organisation braucht, die in der Lage ist, die ArbeiterInnenklasse und das Volk zu einer sozialistischen Revolution und zur Eroberung der politischen Macht zu führen. Wir streben den Wiederaufbau einer kommunistischen Partei in diesem Land an.

Die KapitalistInnenklasse, die Bourgeoisie, weiß das. Schließlich bekämpft sie KommunistInnen, Linke, RevolutionärInnen, sowie die organisierte ArbeiterInnenbewegung, seitdem es sie gibt. Sie weiß über die Feindschaft und sie weiß auch über den Marxismus Bescheid, über unsere wissenschaftliche Weltanschauung und sie fürchtet sich davor. Sie will verhindern, dass unsere Ideologie die Massen ergreift und dass sie dadurch eine wirklich praktische Gefahr für ihre Herrschaft wird.

Hierfür hat die KapitalistInnenklasse eine Vielzahl an Methoden und Wegen entwickelt und perfektioniert, um uns unschädlich zu machen. Auf der einen Seite ist hier das Mittel der Systemintegration zu nennen. In der kapitalistischen Gesellschaft gibt es unzählige Angebote, Mechanismen und Fallstricke, die von den Herrschenden geschaffen wurden, um Rebellion und Protest in systemkonforme Bahnen zu kanalisieren und dadurch zu neutralisieren. Auf ideologischer Ebene erweisen hier Revisionismus und Opportunismus der Bourgeoisie einen Bärendienst, da sie genau dafür die theoretischen Rechtfertigungen bieten.

Wo eine Integration in das System scheitert, wird eine revolutionäre, klassenkämpferische Bewegung in letzter Instanz auf allen Ebenen offen bekämpft. Das bedeutet, dass wir angegriffen, bespitzelt, verhaftet, eingesperrt, infiltriert, zersetzt und umgebracht werden. Das ist die Begründung für Repression gegen uns. Über 200 Jahre Geschichte der ArbeiterInnenbewegung bieten einen riesigen Haufen an Anschauungsmaterial dafür.

Was für eine Bedeutung hat der 18. März in diesem Zusammenhang?

Am 18. März 1871 wurde die Pariser Kommune ausgerufen. Durch die erste proletarische Revolution entstand die historisch erste Form der Diktatur des Proletariats, auch wenn die Macht der ArbeiterInnen sich in Paris nur für kurze Zeit behaupten konnte. Unterstützt von den preußisch-deutschen Truppen beantwortete die französische Bourgeoisie diesen heldenhaften Versuch, die kapitalistische Ausbeutung zu zerschlagen, mit brutalem Terror. Rund 30.000 KommunardInnen, wie man die Pariser RevolutionärInnen nannte, wurden in der Woche vom 21. bis zum 28. Mai 1871 von der Konterrevolution ermordet, weitere 45.000 verhaftet und viele von ihnen in der Folge hingerichtet. Tausende wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die Lehren der Kommune bestätigen auf der einen Seite also die Notwendigkeit einer Revolution, auf der anderen Seite beweisen sie die Bereitschaft der Bourgeoisie zu allen brutalen und grausamen Notwendigkeiten der Konterrevolution.

Schon zu der damaligen Zeit begriffen die GenossInnen die Notwendigkeit der aktiven Solidarität mit den revolutionären Gefangenen. Insbesondere muss man an dieser Stelle auch die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus, Marx und Engels, erwähnen. So gründete Karl Marx nach der Zerschlagung des „Bundes der Kommunisten“ nach der Niederlage der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848 in England ein „Komitee zur Unterstützung der deutschen politischen Emigranten“. 1852 übernahm er die Verteidigung der Angeklagtem im sogenannten „Kölner Kommunistenprozess“. 1871 organisierten Marx und Engels Hilfe für diejenigen, die nach der Niederlage der Pariser Kommune flüchten mussten.

Im Jahre 1922 hielt die Kommunistische Internationale auf ihrem 4. Kongress es für nötig, die Internationale Rote Hilfe (IRH) zu gründen. Ein Jahr später beschloss das Zentralbüro der IRH, den 18. März, den Jahrestag der Proklamation der Pariser Kommune, zum Kampftag für alle revolutionären Gefangen zu machen und dafür eine internationale Aktion auszurufen, die fortan jährlich durchgeführt wurde. Seit dem Jahre 1923 wird der 18. März also nicht nur als denkwürdiger Tag aufgrund der Proklamation der Pariser Kommune beschritten, sondern auch als Tag der Solidarität mit den politischen Gefangenen.

In einem Rundschreiben von 1923 definierte die IRH den Zweck dieses Tages:

„Der Zweck der Aktion ist erstens, durch breite und intensive Propaganda große Massen für die Opfer des Klassenkampfes aufzurütteln und zu mobilisieren, zweitens, mit erhöhtem Nachdruck auf die Freilassung unserer Gefangenen, sowie Amnestierung der verfolgten Revolutionäre überhaupt hinzuwirken und drittens, im verstärkten Maße als bisher Mittel für die Gefangenen, Verfolgten und ihre Angehörigen zu sammeln. Außerdem soll die Aktion auch zur moralischen Stärkung und Hebung unserer Gefangenen dienen.“ (Zentralkomitee der internationalen Roten Hilfsorganisationen 1923)

Diese vor genau 100 Jahren definierten Leitsätze für den Tag der politischen Gefangenen haben nach wie vor Gültigkeit und sollten auch und gerade heute die Leitsätze unserer politischen Praxis sein.

Was war die Internationale Rote Hilfe?

Die Verschärfung der Widersprüche des Kapitalismus im Zeitalter des Imperialismus bedeutet auch die ungeheure Verstärkung der politischen Unterdrückung aller fortschrittlichen und revolutionären Kräfte. Vor allem nach dem Sieg der sozialistischen Oktoberrevolution in Russland im Jahre 1917 versuchten die herrschenden Klassen und ihre Reaktionäre die revolutionären Bewegungen und Erhebungen der ArbeiterInnen sowie der unterjochten Völker mit einem brutalen Terror zu unterdrücken, der bei weitem die Unterdrückung durch das „Sozialistengesetz“ in Deutschland 1878 bis 1890 übertraf. Tausende wurden eingekerkert, oft grausam gefoltert und ermordet.

In Deutschland waren ab Mitte der 1920er-Jahre tausende ArbeiterInnen eingesperrt, weil sie an der Novemberrevolution teilgenommen hatten, an den kurzfristig ausgerufenen Räterepubliken, bei der Abwehr des Kapp-Putsches, bei den bewaffneten März-Kämpfen 1921, beim Hamburger Aufstand 1923, weil sie Mitglieder in dem von der KPD geführten Rotfrontkämpferbund waren oder an sonstigen Klassenkampf-Aktionen und zunehmend auch am Kampf gegen die Hitler-FaschistInnen teilgenommen hatten.

In diesem Klima der weltweiten Repression und des Terrors der Bourgeoisie wurde auf Initiative der Kommunistischen Internationale 1922 die Internationale Rote Hilfe gegründet. Die konkrete Initiative ging hierbei von der „Vereinigung der alten Bolschewiki“ sowie der „Gesellschaft der ehemaligen politischen Zuchthäusler und Verbannten“ aus der Sowjetunion aus. Die alten VorkämpferInnen wussten aus eigener Erfahrung von Gefängnis und Verbannung, wie wichtig die aktive Unterstützung für die revolutionären Gefangenen ist. Mit der Gründung der Internationalen Roten Hilfe rief die Kommunistische Internationale gleichzeitig alle kommunistischen Parteien auf, in ihren jeweiligen Ländern entsprechende Unterabteilungen zu schaffen. 1924 entstand die Rote Hilfe Deutschland (RHD), welche 1936 von den Hitler-FaschistInnen zerschlagen wurde.

Zentrale Ziele der roten Hilfsorganisationen waren, den KlassenkämpferInnen, die wegen ihren politischen Handlungen oder ihrer politischen Gesinnung inhaftiert wurden, materielle, moralische und juristische Unterstützung zu gewähren. Weiterhin skandalisierten sie in öffentlichkeitswirksamen Massenkampagnen die Verurteilungen und Verfolgungen und zeigten auf, dass das herrschende Rechtssystem eben das Rechtssystem der herrschenden Klasse ist, dass es sich um Fälle von Klassenjustiz handelt. Damit trugen sie auch ganz wesentlich zur Verbreitung eines proletarischen Klassenbewusstseins bei.

Der bulgarische Kommunist Georgie Dimitroff, der selber im Zuge des Reichstagsbrandprozesses in Deutschland von den Nazis inhaftiert wurde, hob auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationalen 1935 die Bedeutung der IRH hervor:

„Im Zusammenhang mit der Kaderfrage gestattet mir, Genossen, auch auf die ungeheure Rolle einzugehen, zu der die Internationale Rote Hilfe in Bezug auf die Kader der Arbeiterbewegung berufen ist. Die materielle und moralische Hilfe, die die IRH-Organisationen den Gefangenen und ihren Angehörigen, den politischen Emigranten, verfolgten Revolutionären und Antifaschisten gewährt, hat Tausenden und aber Tausenden der wertvollsten Kämpfer der Arbeiterklasse in verschiedenen Ländern das Leben gerettet und ihre Kräfte und Kampffähigkeit erhalten. Wer von uns im Gefängnis gesessen hat, weiß aus unmittelbarer Erfahrung, was für eine gewaltige Bedeutung die Tätigkeit der IRH hat.“ (Dimitroff: Über die Kader, VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale)

Was es heute braucht, sind Solidaritätsstrukturen, die das Erbe der Internationalen Roten Hilfe von 1922 aufgreifen und ihre Arbeit als direkten Beitrag zum Klassenkampf für die Überwindung des Kapitalismus betrachten.

Solidarität mit wem?

In der Frage der Solidarität mit politischen Gefangenen verbietet sich jede Art von Sektierertum. Jeder Mensch, der für eine gerechte, fortschrittliche, dem Volk und der Klasse dienende Sache eingetreten ist und dafür von der bürgerlichen Klassenjustiz mit Repression belegt wird, verdient Solidarität. Fragen der unterschiedlichen Strategie, Taktik und auch der Weltanschauung sind in dieser Hinsicht zweitrangig. Wer hier spaltet, verunmöglicht eine Solidarität in der Praxis.

Die IRH und ihre Landesorganisationen, so auch die Rote Hilfe Deutschland, machten ihre Solidaritätskampagnen und Unterstützungsarbeit nicht von einer Mitgliedschaft in einer Kommunistischen Partei abhängig. Hier seien zum Beispiel die in die USA migrierten italienischen Arbeiter Ferdinando Sacco und Bartolomeo Vanzetti erwähnt, die der anarchistischen ArbeiterInnenbewegung entstammten und für ihre revolutionäre Antikriegshaltung inhaftiert und zum Tode verurteilt wurden. Für sie gab es über einen Zeitraum von sechs Jahren eine große internationale Solidaritätskampagne. Die Rote Hilfe Deutschland erwirkte durch ihre Kampagnen die Freilassung auch von AnarchistInnen und LinkskommunistInnen wie Erich Mühsam und Max Hoelz.

Politische Repression heute: der §129 StGB

Heute haben wir es in der Bundesrepublik Deutschland im Falle von politischer Repression und der politischen Inhaftierung von fortschrittlichen Kräften vor allem mit Verfahren und Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Paragrafen 129 des Strafgesetzbuches zu tun. Was ist das für ein Paragraf?

Nach dem Sieg der Alliierten über den Hitler-Faschismus 1945 hob der Alliierte Kontrollrat eine ganze Reihe von Gesetzen aus der Zeit des Faschismus auf. Neben den „Rassegesetzen“ betraf dies auch Vorschriften gegen sogenannten Hoch- und Landesverrat. Der Paragraf 129, der in seiner ursprünglichen Form im Reichsstrafgesetzbuch bereits 1871 in Kraft trat, bestand jedoch weiter. Mit dem Ersten Strafrechtsänderungsgesetz von 1951 erfuhr er jedoch einige Anpassungen, einige Formulierungen wurden präzisiert. 1964 erfuhr der Paragraf 129 noch eine bedeutende Erweiterung, es wurde fortan auch das „Werben“ für eine Vereinigung unter Strafe gestellt. Damit wurde nicht etwa nur das Werben um Mitglieder bestraft, sondern auch die sogenannte Sympathiewerbung, von der eine Gefahr für den öffentlichen Frieden nicht auszuschließen sei. Als Vorlage für diese Neufassung diente neben dem bis dahin geltenden Paragraf 129 ein Gesetzesentwurf aus dem Dezember 1936, also aus der Zeit des deutschen Faschismus, mit dem bereits damals die „Unterstützung“ staatsfeindlicher Verbindungen verfolgt werden sollten. Nun musste einem Beschuldigten nicht mehr eine rechtswidrige Tat selbst zur Last gelegt werden, bereits eine vorgeworfene irgendwie geartete „Unterstützung“ war ausreichend.

Neben der Neufassung des Paragraphen 129 brachte das Erste Strafrechtsänderungsgesetz weitere neue sogenannte „Organisationsdelikte“ in das Strafgesetzbuch mit ein. Neben dem völlig neuen Tatbestand der „verfassungsverräterischen“ Vereinigung sah es als strafverschärfend „verfassungsverräterische Absichten“ vor. Als Abschnitt „Staatsgefährdung“ wurde ein neuer Komplex in das Strafgesetzbuch eingefügt. In diesem Sinne als kriminelle Straftaten galten nun auch die „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“ und „die Verunglimpfung von Verfassungsorganen“. Der Begriff der „kriminellen Vereinigung“ wurde geschaffen, um den Verdacht auf politische Verfolgung nicht aufkommen zu lassen. Doch im Sitzungsbericht des deutschen Bundestags ist zu lesen: „Der allseits anerkannte Hauptzweck des Gesetzes ist es, den gewaltlosen Umsturz zu erfassen, einschließlich der Betätigungen, die das Land dazu reif machen sollen.“

Mit den Neuerungen ab 1951 wurden Tätigkeiten kriminalisiert, die zuvor und auch objektiv noch keine Gefährdung erkennen ließen, aber eben das genau war das wahre Ziel, wie es in der Begründung zum Regierungsentwurf bereits 1951 hieß: „Der moderne Staat bedarf neuer Schutzvorschriften, die seine Verteidigungslinie in den Bereich vorverlegen, in dem die Staatsfeinde unter der Maske der Gewaltlosigkeit die Macht erschleichen.“

Der Paragraf 129a wurde im August 1976 durch ein weiteres Strafrechtsänderungsgesetz eingeführt, das von Anfang an als sogenanntes „Anti-Terroristen-Gesetz“ bezeichnet wurde. Der Paragraf 129a bedeutet dabei eine Vorverlagerung von Strafbarkeit: Das deutsche Strafrecht bestraft normalerweise den Versuch oder die Vollendung bestimmter Taten, die verboten sind; hier setzt die Strafbarkeit jedoch bereits im Stadium der Vorbereitung ein, wenn noch gar nichts geschehen ist; bestimmte Straftaten müssen noch nicht einmal geplant sein. Da auch Unterstützen und Werben strafbar sind, können auch Menschen bestraft werden, die beispielsweise durch bloße Meinungsäußerung auch nur andeutungsweise Sympathie für eine bestimmte Vereinigung bekunden. Der Bundesgerichtshof schrieb in einem Urteil fest, dass eine Unterstützung dann vorliegt, wenn eine Handlung für die Vereinigung „irgendwie vorteilhaft“ ist.

Praktisch politisch bedeutet der Paragraph 129a also eine Institutionalisierung von Willkür. Dieser Paragraf ist praktisch die Rechtsgrundlage dafür, dass die Herrschenden hierzulande in der Verfolgung und Bestrafung ihrer politischen Gegner keine Rechtsgrundlage brauchen. Was jetzt eine „Sympathie“ ist oder was eine Handlung ist, die für eine Vereinigung „irgendwie vorteilhaft“ ist, ist beliebig definierbar. Die Herrschenden haben sich damit eine Handlungsgrundlage geschaffen, bei der sie jede Freiheit haben, ihre politischen Gegner beliebig zu definieren und damit zu kriminalisieren.

Unter dem Deckmantel des „weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus“ wurde in den Jahren 2001/2002 schließlich neben vielen weiteren Einschränkungen von Bürgerrechten der Paragraf 129b in das politische Strafrecht eingeführt. Seitdem sind Organisationen, die im Ausland agieren und die von staatlicher Seite als „kriminell“ oder „terroristisch“ eingestuft werden, in der BRD nach dem Paragraf 129 zu verfolgen. Der neue Paragraf 129b stellt eine weitere Zuspitzung der Kriminalisierungsabsichten von den Paragrafen 129 und 129a dar. Vor der Einführung dieses neuen Gesetzes war es den Repressionsbehörden zwar auch schon möglich, mit dem Vereinigungsparagrafen gegen migrantische Strukturen vorzugehen, wovon hauptsächlich türkische und kurdische GenossInnen betroffen waren und betroffen sind. Der Paragraf 129b erleichtert jedoch nun zusätzlich die Kriminalisierung von Internationalismus, da nicht einmal mehr nachgewiesen werden muss, dass eine entsprechende Organisation auch im Inland besteht. Des Weiteren muss eine direkte Beteiligung an strafbaren Handlung im Ausland nicht nachgewiesen werden, wenn von einer Mitgliedschaft ausgegangen wird. In den Fokus gerät abermals sogenannte „Sympathiewerbung“, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, sowie kulturelle Veranstaltungen – wiederum Tätigkeiten, die nahezu beliebig definiert werden können. Der Paragraf 129b ist somit ein Angriff auf den proletarischen Internationalismus, den wir nicht tolerieren können!

Die Paragrafen 129/a/b richten sich gegen alle revolutionären, antifaschistischen, antiimperialistischen und fortschrittlichen demokratischen Menschen, die sich mit den Ungerechtigkeiten des Systems, die sich mit Ausbeutung und Unterdrückung nicht einfach abfinden wollen. Sie kriminalisieren bereits eine Gesinnung oder eine vermutete Gesinnung. Die Paragrafen 129 sind der konzentrierteste Ausdruck des politischen Repressionsbedürfnisses der bürgerlichen Klassenjustiz.

Vereinzelung, Isolation durch Spaltung, mangelnde Öffentlichkeit – das alles macht es leicht für den Klassenfeind, Strukturen mit Repression zu zerschlagen. Dies müssen wir mit kollektiver Solidaritätsarbeit und klassenbewusster Agitation durchbrechen.

Solidarität muss praktisch werden

Politische Repression und politische Gefangene in Deutschland sind kein Problem von morgen, sie sind ganz real. Sei es der Leipziger Prozess gegen die inhaftierte Antifaschistin Lina und ihre GenossInnen, seien es die laufenden Ermittlungen gegen vermeintliche Mitglieder des Roten Aufbaus, seien es die Verhaftungen von Mitgliedern der revolutionären Musikgruppierung Grup Yorum. Und dies sind nur einige Beispiele. Wir wollen den 18. März und seine nun 100-jährige Tradition zum Anlass nehmen, uns die Bedeutung und den notwendigen Umfang von Solidaritäts- und Antirepressionsarbeit bewusst zu machen. Dies darf jedoch mitnichten auf einen einzigen Tag beschränkt sein, sondern muss zur Selbstverständlichkeit unserer alltäglichen Arbeit werden.

Deswegen muss es heute so deutlich heißen wie nie:

Freiheit für alle politischen Gefangenen! Kampf der Klassenjustiz!