Ob unipolar oder mulitpolar – Imperialismus zerschlagen!

Der Kommunismus-Kongress der Kommunistischen Organisation (KO) ist mittlerweile einige Wochen her. Wir sind dort auf einem Podium aufgetreten und haben unsere Thesen zum Ukraine-Krieg verteidigt. In der Debatte über den Ukraine-Krieg, auf dem Podium, während des gesamten Kongresses, als auch im Vorfeld, sind uns zahlreiche Standpunkte entgegengetreten, die wir nicht richtig finden. Wir haben uns noch einmal die Zeit genommen, einige für uns wesentliche Standpunkte der Debatte zu systematisieren und zu kritisieren.

Wir bekräftigen unsere Haltung, dass wir nach wie vor bereit sind, uns der Diskussion und dem ideologischen Kampf zu stellen, mit allen Kräften, denen an einer prinzipienfesten Einheit der KommunistInnen in der BRD gelegen ist.

Friedensfähigkeit des Imperialismus

Uns tritt zur Zeit in der Debatte in der kommunistischen Bewegung um den Ukraine-Krieg eine Form der behaupteten Friedensfähigkeit des Imperialismus gegenüber, die besagt, der Wandel von einer unipolaren Weltordnung zu einer multipolaren Weltordnung würde aufgrund eines Kräfteausgleichs zu einer relativen Friedensordnung führen und damit bessere Voraussetzungen für den Kampf der Arbeiterklasse bereitstellen. Dies ist eine historisch-idealistische Vorstellung. Im Vorfeld zumindest des zweiten großen Weltkrieges gab es eine multipolare Weltordnung. Multipolarität heißt mehr Räuber, die ihrerseits um die unipolare Weltherrschaft ringen. Multipolarität bedeutet nicht Kräfteausgleich, sondern aggressives Kräftemessen. Es liegt dieser Vorstellung eine statische, gar harmonische Betrachtungsweise zugrunde, welches das Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung sowie die innere Verrottung des Imperialismus negiert. Gleich starke Imperialisten bleiben nicht gleich stark, sondern entwickeln sich unterschiedlich. Alle haben mit der inneren Fäulnis des Kapitalismus in seinem Endstadium zu kämpfen. Damit geht notwendig einher, dass es keine irgendwie geartete Genügsamkeit im Bezug auf Einflusssphären geben kann. Ein Drängen auf eine Neuaufteilung der bisherigen Einflusssphären ist unvermeidlich. Es gibt keinen friedlichen Imperialismus – weder unipolar, noch multipolar.

Schulterschluss mit dem Klassenfeind gegen die Unipolarität

Auf Grundlage der eben umrissenen Vorstellung, Multipolarität würde zu Stabilität, Kräfteausgleich und Frieden führen, geschieht eine Parteinahme für Kräfte, die die derzeitige Unipolarität, die Hegemonie des US-Imperialismus, in Frage stellen. In der heutigen Situation sind das vor allem Russland und China. Dies bedeutet ein Absehen vom Klassencharakter dieser Staaten und ist damit ein praktischer Schulterschluss mit der Monopolbourgeoisie von imperialistischen Staaten, mit ihrer Geopolitik und „ihren Sicherheitsinteressen“. Faktisch bedeutet dies eine Zurücknahme des proletarischen Klassenstandpunktes und ist eine politische Kapitulationserklärung. Eine Parteinahme für einen schwächeren Imperialisten in zwischenimperialistischen Konflikten ist und bleibt eine Parteinahme für den Imperialismus. Die Vorstellung, in einer unipolaren Welt, würde eine Schwächung des Hegemons, des US-Imperialismus, zu einer Schwächung des imperialistischen Systems insgesamt führen, ist idealistisch, weil sie von der Art der Schwächung absieht. Wird der US-Imperialismus von einer starken internationalen Arbeiterbewegung geschwächt? Wird er von einer nationalen Befreiungsbewegung geschwächt, die Invasoren, Besetzer und Kollaborateure aus dem Land jagt? Oder wird er von einer anderen Monopolbourgeoisie geschwächt? Eine derartige Schwächung des US-Imperialismus hat eben eine Stärkung eines anderen imperialistischen Staates zur Folge, eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen diesen Staaten, aber keine Schwächung des Imperialismus insgesamt.

Missbrauch der Kategorie ‚nationale Befreiung‘

Zur Legitimation des eben umrissenen Schulterschlusses wird teilweise die Anwendung der Kategorie der nationalen Befreiung bemüht. Diese wird angewendet auf Staaten, die objektiv keinen kolonialen oder halb-kolonialen Charakter tragen. Dies ist ein Angriff auf alle wirklich unterdrückten Völker und Nationen, weil ihre Situation in der Gleichsetzung relativiert wird. Diese Relativierung ist ein Angriff auf den proletarischen Internationalismus. Um diese Kategorie aufrechtzuerhalten, muss ziemlich viel Materie ausgeblendet werden. Dies führt zu einigen Absurditäten, dass bspw. nationale Befreiung auf einmal auch jenseits der eigenen Staatsgrenzen erkämpft wird. Eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker ist auf einmal auch von der nationalen Befreiung gedeckelt und man führt einen angeblich nationalen Krieg auf dem Territorium einer ganz anderen Nation.

Über die Gefahr des Zentrismus

Der Zentrismus zeichnet sich dadurch aus, dass er sich immer in der „goldenen Mitte“ sieht, keine wirkliche Position bezieht und zwischen gegensätzlichen Positionen zu vermitteln versucht. Zentristen fordern die Einheit auf Basis eines Versöhnlertums. In der Geschichte der kommunistischen Bewegung waren sie in der Praxis immer Wegbereiter des Rechtsopportunismus und Revisionismus. Egal, ob sie dies wollten oder nicht. Praktisch haben sie Beiträge dazu geleistet, unter Benutzung von marxistischen Phrasen den Opportunismus und Revisionismus plausibel zu machen und dadurch den Kampf und den Bruch mit dem Opportunismus und Revisionismus zu verhindern. Der heutige Zentrismus hat seine Grundlage vor allem in einer falschen Bewertung von antagonistischen Widersprüchen als nicht-antagonistische, sowie in einer Art Skeptizismus, den er aus der Krisendiagnose der kommunistischen Bewegung zieht. Dieser Skeptizismus fragt ständig, ob wir denn die Wahrheit überhaupt wissen können, weil wir ja als kommunistische Bewegung in einer ideologischen Krise stecken würden. Dieser Skeptizismus ist eine philosophische Grundlage des Zentrismus, weil er dazu führt, dass man unfähig wird, sich zu positionieren. Man bekämpft die weltanschauliche Krise der kommunistischen Bewegung nicht dadurch, dass man sie gebetsmühlenartig immer wieder diagnostiziert. Man muss Position beziehen. Wenn es gegensätzliche Positionen gibt, dann sollen sie miteinander ringen. Es gibt wahr und falsch, wir können die Materie richtig erkennen. Wenn man den Wahrheitsanspruch als kommunistische Bewegung aufgibt, macht man sich ohnmächtig.