Corona

Stellungnahme der Kämpfenden Jugend Bremen

Es geht zur Zeit ein neues Gespenst um in Europa und in der Welt: COVID-19. Das sogenannte Coronavirus breitet sich aus, es gibt zurzeit kein anderes Gesprächsthema mehr. Krankenhäuser sind überfüllt, Ärzte stellen gelbe Scheine schon am Fließband per Telefongespräch aus, Hamsterkäufer räumen die Supermärkte leer, öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Kitas schließen, Firmen schicken ganze Belegschaften nach Hause. Eine einzige Panikwelle geht um die Welt. Was ist da eigentlich los?

Wir sind keine medizinisch überdurchschnittlich geschulten Leute, deswegen ist uns eine allumfassende Beurteilung der tatsächlichen Gefährlichkeit des Coronavirus‘ nicht möglich. Aus der Analyse unterschiedlicher Quellen ergeben sich für uns vor allem folgende Gesichtspunkte: Aufgrund der Neuartigkeit des Virus‘ gibt es so gut wie keine Immunität dagegen, man steckt sich daher schnell damit an. Insbesondere alte und durch andere Krankheiten vorbelastete Menschen sind besonders gefährdet. Bis auf diese Risikogruppen ist das hauptsächliche Problem mit dem Virus nicht ein notwendig lebensbedrohlicher Verlauf, sondern die hohe Ansteckungs- und damit Verbreitungsgefahr.

Wir meinen, um die derzeitige Situation ein wenig besser einordnen zu können, ist es unbedingt notwendig, sich den größeren Zusammenhang anzuschauen, in dem wir uns befinden, also vor allem die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen wir leben. Um ein wenig deutlicher zu machen, was wir meinen, nehmen wir einmal folgendes Gedankenexperiment an: Auch ein sozialistischer Staat hätte durch eine Pandemie sicherlich mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen. Ein sozialistischer Staat, eine Diktatur der ehemals Ausgebeuteten und Unterdrückten, würde sich natürlich mit der Notwendigkeit konfrontiert sehen, Hygienemaßnahmen zum Schutze des Volkes durchzuführen, eine umfassende gesundheitliche Betreuung zu gewährleisten und trotz allem die Wirtschaft und die staatliche Infrastruktur am Laufen zu halten. Bestimmt eine große Herausforderung. Doch es würde eben darum gehen, denn ein sozialistischer Staat mit seiner ganzen Infrastruktur und Wirtschaft hat keinen anderen Zweck, als den ehemals Ausgebeuteten und Unterdrückten zu dienen. Es ginge darum, die Menschen zu schützen und ihnen im Falle von Krankheit die bestmögliche Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen.

Hierzulande geht es aber um etwas ganz anderes. Wenn man sich nun im Vergleich einmal die imperialistische BRD anschaut, so kann man sich ein ums andere Mal die Absurdität dieses Systems verdeutlichen. Was ist denn das Hauptproblem, weswegen die Bourgeoisie in Panik gerät? Geldmachen funktioniert nicht mehr so, wie es soll! Durch vorbeugende Hygienemaßnahmen und krankheitsbedingte Ausfälle kann immer weniger produziert werden, der Profit der Kapitalisten, um den es in der hiesigen Wirtschaft geht, bricht mehr und mehr ein. Die produzierenden Unternehmen bekommen dadurch zunehmend Probleme, ihre Kredite zu bedienen, das Spekulationsgeschäft der Banken ist bedroht. Es steht eine handfeste Finanzkrise ins Haus, wenn sie nicht schon begonnen hat.

Der Profit ist in Gefahr. DAS ist das Problem! Hygienemaßnahmen und Gesundheitspolitik sind in den hiesigen Verhältnissen nicht zum Wohle der arbeitenden Menschen da, sondern dafür, die langfristige Ausbeutung der Arbeiterinnen und Arbeiter zu sichern oder sie wiederherzustellen. Womit wir beim nächsten Punkt wären. Die Bourgeoisie hat in den letzten Jahren das Gesundheitssystem völlig ausgehöhlt, um Kosten einzusparen, vor allem durch zunehmende Privatisierungen und die Gesundheitsreformen. Die Anzahl der zu betreuenden Patienten pro Pfleger ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern besonders hoch. Die Kapazitäten des hiesigen Gesundheitssystems sind nicht für eine flächendeckende Versorgung von hunderttausenden Virusinfizierten ausgelegt. Das Gesundheitssystem droht zusammenzubrechen. Absurd auch: Das erste, was der Bundesregierung in der momentanen Situation einfällt, ist, milliardenschwere Rettungspakete zu beschließen, um „der Wirtschaft“ zu helfen. Die Rede war sogar davon, dass „unbegrenzt“ Kredite zur Verfügung gestellt werden sollen. Warum wird jetzt unbegrenzt viel Geld in die Wirtschaft gesteckt, nicht aber in das Gesundheitswesen? Warum wird sich nicht finanziell darum gekümmert, dass genügend freie Betten etc. da sind, sondern dass die Wirtschaft am Leben gehalten wird? Weil es nicht um das Wohl der arbeitenden Leute geht, sondern darum, den Kapitalisten den Arsch zu retten!

Diese Faktoren ergeben unweigerlich eine Verschärfung des Klassenkampfes in der nächsten Zeit. Wir befinden uns erst am Anfang der sogenannten „Coronakrise“, aber dennoch zeichnet sich jetzt schon ab, wie es in den nächsten Monaten weitergehen wird. Die Unternehmen versuchen die jetzt schon entstehenden Gewinnverluste auf die Arbeiterinnen und Arbeiter abzuwälzen. Die Kolleginnen und Kollegen werden von ihren Chefs dazu angehalten, ihren Urlaub und ihre Überstunden dafür aufzuwenden, die nächste Zeit zu überbrücken. Kurzarbeit wird angeordnet. Klein- und mittelständische Betriebe drohen damit, Leute zu entlassen. Eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit ist zu erwarten, kleinere Betriebe sehen sich mit der Gefahr konfrontiert, pleite zu gehen. Stundenlange Wartezeiten in Krankenhäusern legen offensichtlich schon zum jetzigen Anfangszeitpunkt die Überforderung der Gesundheitsversorgung dar. Proletarische Eltern stoßen an ihre Grenzen, müssen sich privat um Kinderbetreuung kümmern, also zusätzlich Geld aufwenden oder abermals unbezahlten Urlaub nehmen, um die Schließung von Kitas und Schulen abzufedern.

Wir wollen das Virus keineswegs verharmlosen, für eine medizinische Beurteilung fehlt uns wie gesagt das nötige Wissen und die nötige Ausbildung. Wir wollen nur deutlich darauf hinweisen, dass die momentane Situation, die politische Bewertung und vor allem auch die öffentliche Panikmache der Politiker im Zusammenhang der hiesigen Verhältnisse gesehen werden muss und nicht isoliert davon betrachtet werden darf. Die Herrschenden fürchten nicht in erster Linie die Ansteckungsgefahr und sorgen sich schon gar nicht in erster Linie um die Gesundheit des Volkes, sondern sie fürchten um ihr Geschäft, wissen sehr genau um das von ihnen kräftig demontierte Gesundheitssystem und haben Angst vor Protest, Aufstand – vor einer Verschärfung des Klassenkampfes! Die in bürgerlichen Medien und von bürgerlichen Politikern verbreitete panische Sorge um die Gesundheit des Volkes ist also in der Hauptsache nichts weiter als Heuchelei!

Weiterhin müssen wir uns auch klarmachen, dass die herrschende Klasse trotz oder gerade wegen der negativen Effekte der „Coronakrise“ versucht, die derzeitige Situation auf eine bestimmte Art und Weise auszunutzen. Die Diskussion über die mögliche Anwendung der Notstandsgesetze, das starke Einschränken der bürgerlichen Freiheitsrechte, die Zwangseinweisung in „Quarantäne-Einrichtungen“ von obdachlosen Menschen und das Dichtmachen der Grenzen passen voll und ganz in die Faschisierungstendenz der BRD: Die Gewöhnung an den Ausnahmezustand, die Legitimation von zunehmender Überwachung – für die Kapitalisten positive Nebeneffekte von Corona.

Es ist unsere Pflicht als Kommunistinnen und Kommunisten, den nun immer mehr aufkommenden gerechtfertigten Protest zu unterstützen und das sozialistische Bewusstsein in den Protest hineinzutragen, denn dieses menschenverachtende System wird in der nächsten Zeit deutlicher denn je sein wahres Gesicht zeigen! Und wir als Klasse müssen nun zusammenhalten und den Verhältnissen unsere Klassensolidarität entgegensetzen. Gerade wenn ihr jünger seid und für euch auch die Schule ausfällt, schaut, ob ihr nicht in der Familie, im Bekanntenkreis oder für Freunde die Kinderbetreuung übernehmen könnt, ob ihr für ältere und besonders gefährdete Menschen die Einkäufe erledigen oder zumindest Hilfe vermitteln könnt etc.

Kämpfende Jugend Bremen, März 2020